Mittwoch, 28. Mai 2008

Kvernmovollen - Gelungenes Wochenendalternativprogramm

Die Enttäuschung über das Expedia-Desaster war groß, noch lange werd ich mich darüber aufregen können. Petz und Knacki verständlicherweise noch mehr - umsonst Urlaub genommen, vergebliche Vorfreude und jede Menge Bürokratenärger...

Doch je mehr ich mich vergangene Woche darüber ärgerte, desto mehr wurde klar: ein Alternativwochenendprogramm muss her! Sonst wäre mir hier aber wohl auch die Decke auf den Kopf gefallen, denn es war schönstes Frühlingswetter (wenn auch noch ziemlich kalt) und da ich ja mit Besuch gerechnet hatte, gab es auch nichts dringendes zu erledigen.
Also schloss ich mich spontan zusammen mit Cristina (die noch etwas Überzeugungsarbeit bedurfte) einer bereits 9-köpfigen Gruppe an, die zur Hütte Kvernmovollen wollten. Da die Hütte so schon mehr als ausgelastet war, kam ich auf die Idee, mein Zelt einzupacken und so noch mitfahren zu können.

Die Gruppe war so international wie ich auf einer Hüttentour bisher noch nicht erlebt hatte. Die stärkste Partei waren vier Franzosen/innen, dann gabs zwei Spanierinnen, eine Belgierin, einen Brasilianer, einen Tschechen und außer mir nur einen Deutschen!
Eloise, die wallonische Belgierin, hatte das Ganze initiert und auch die Hütte gebucht. Ansonsten wurden die Aufgaben dann aber auch größtenteils nationentypisch verteilt. Mag zwar komisch klingen, aber über das ganze Jahr hinweg hab ich doch immer wieder festgestellt, dass die Vorurteile häufig wahr sind und es wirklich unterschiedliche Talente verteilt auf die Länder gibt. Wie folgt sah das dann ungefähr so aus: Stefan und ich organisierten die Anreise, Busfahrt, Kartenmaterial, GPS, Kompass und Navigation. Die Franzosen sorgten für den Umständen entsprechend gutes Essen, der Tscheche war Chef des Holzhackens, der Brasilianer sorgte für interessante Gesprächsthemen und die Spanierinnen... naja, die achteten auf ausreichend Zeit für Siesta :-)

Die Hütte war dann auch noch schöner, als ich sie mir laut Beschreibung vorgestellt hatte. Die Wanderung hin war mit guten drei Stunden vergleichsweise lang und es ging rund 400 Meter bergauf auf letztendlich 868 Meter. Klingt nicht nach viel, bedeutete aber noch jede Menge Schneereste, die es zu durchqueren galt. Wir blieben nur eine Nacht von Samstag auf Sonntag, fanden aber trotzdem noch Zeit für eine kleine Wanderung sowie viel Zeit zum Sonnen, denn das Wetter war traumhaft schön.

In der Nacht (die eigentlich keine war, denn es war durchgehend hell) wurde es im Zelt dann aber doch nochmal ganz schön kalt und wir hatten mit Temperaturen um den Gefrierpunkt zu kämpfen. Erst am Morgen, als die Sonne um den Berg gekrochen war und das Zelt aufwärmte, wurde es angenehm.

Insgesamt eine sehr schöne Hüttentour, auch wenn sie an das eigentlich für das Wochenende geplante vielleicht nicht rankommen konnte. Achja, es war übrigens die für mich 10. erreichte Hütte (exklusive Fehlversuch Nicokoia), was den Titel für die Fotoserie erklärt.

Donnerstag, 22. Mai 2008

Mai-Update

Zwei Dinge vorweg:
1. Das hier ist der vierte Post, den ich direkt hintereinander schreibe. Weils inhaltlich Sinn macht und ich keinen mit zu langen Texte nerven will, hab ich gleich mehrere Posts gemacht. Könnte also sinnvoll sein erstmal unten anzufangen beim Post "Wie, wann, wohin du willst" (evtl. müsst ihr schon weiterblättern).
2. Nach fast 10 Monaten Blog-Schreiben hab ich endlich herausgefunden wie man die Zeitzone einstellt :-) Also, die Zeitangaben unterhalb jedes Posts stimmen von jetzt an!

Ich hoffe die Fotos von unserem Stavanger-Trip und Christians und Hannahs Besuch habt ihr schon gesehen... wenn nicht, los gehts: http://picasaweb.google.de/milo.abroad

Gerade bei Stavanger muss ich wohl auch nicht mehr viel ergänzen: Der Trip war in seinen Ausmaßen und Erlebnissen absolut beeindruckend. Die Fjordlandschaft in Norwegens Südwesten ist einfach nur unglaublich: Sie ist ein Land der Extreme. Die Küstenlandschaft ist zerklüftet und rau, die Fjorde lang, schmal und tief und die Berge bzw. Hochplateaus dazwischen alpin und bis spät in den Sommer schneebedeckt. Es grenzt an ein Wunder, dass diese Gegend trotz aller Widrigkeiten überhaupt besiedelt ist. Landschaften wie hier gibt es nur wenige auf der Welt. Vergleichbares sonst eigentlich nur in Neuseeland, Alaska und Westkanada und dort sind die entsprechenden Gebiete so gut wie unbesiedelt sowie nur per Schiff zu erkunden. Auch Norwegen hat abgesehen von einigen Zentren wie der Ölhauptstadt Stavanger Probleme, die ländlichen Gebiete vor der Verödung zu bewahren und investiert daher Unsummen, die aufgrund des Ölreichtums zum Glück vorhanden sind, in die infrastrukturelle Erschließung. Das äußert sich vor allem im Straßenbau. Man mag noch so sehr über den Zustand und die Enge der norwegischen Straßen meckern, was die Ingenieure hier leisten ist unglaublich: Auf die Serpentinen und Brücken will ich gar nicht eingehen, denn die findet man so vielleicht auch in den Alpen. Doch was einen als Autofahrer zwar häufig nervt, trotzdem aber das am meisten beeindruckende ist, sind die Tunnel!
Eigentlich sollte es nur ein kleiner Abschnitt werden, doch da mich das Thema erkennbar fasziniert, ist doch ein bisschen viel geworden und ich hab den Norwegischen Tunneln einen eigenen Post gewidmet!

Jetzt aber zum Besuchswochende von Christian und Hannah: Im Gegensatz zu diesem Wochenende war dieses sehr gelungen. Am ersten Tag machten wir die übliche Stadtführung und sogar noch eine kleine Wanderung in der Bymarka, die mittlerweile wieder weitgehend schneefrei ist. Es gibt noch ein paar Flecken und diese Woche hat es dort sogar nachts noch einmal geschneit (wohlgemerkt: oberhalb von 300 Metern Mitte Mai), aber trotzdem ist die Zeit der Skier eindeutig vorbei und wieder Wandern angesagt. Abends grillten wir an einer wunderschönen Stelle am Fjord auf der Halbinsel Lade, genossen den Sonnenuntergang und beobachteten die dreisten Seevögeln, die sich um die Reste vom Grill zankten.
Am Tag danach unternahmen wir zu viert, Cristina war auch dabei, einen Cabin-Trip zur Flåkoia, der wohl beliebtesten Hütte von NTNUI. Sie ist leicht zu erreichen, sehr schön und geräumig und liegt direkt an einem See. Ein Ruderboot gehört zur Ausstattung und so unternahmen wir auch einen Ausflug auf dem idyllischen See. Am Abend spielten wir stundenlang Stadt-Land-Fluß und Tierpantomime bis das Bier und die Flasche Jägermeister leer waren. Auf der Rückfahrt machten wir einen langen langen Umweg um fast den gesamten Trondheimfjord und speisten zum Abschluss genüsslich im mittlerweile legendären Pizzaturm. Hannahs Paparazzo-Fotos sagen viel und geschrieben hab ich heute schon genug, deswegen will ich die Ereignisse dieses Wochenendes, das jetzt auch schon fast 2 Wochen zurück liegt, nicht mehr weiter ausführen.

Auch zur Kommentierung des Norwegischen Nationalfeiertags am 17. Mai hab ich gerade keine Lust mehr... da kommt aber auf jeden Fall nochmal später was... bis dann

Norwegische Tunnelsafaris

Spiraltunnel: Tunnel, die sich wie Korkenzieher spiralförmig durch den Berg bohren, von Hochplateaus bis hinunter an die Fjorde. Man fährt wie auf einer überdimensionierten Wendeltreppe.

Unterseetunnel: Eine natürliche Eigenart der Fjorde ist die Fjordschwelle, eine unterseeische Erhebung, an der Stelle wo die unglaublich tiefen Fjorde (bis zu 1200 Metern) in die Küstengewässer münden. An dieser Stelle bauen verrückte Norweger Tunnel, meist ungefähr 40 Meter unter dem Meeresgrund! Der tiefste Tunnel, durch den ich bisher gefahren bin war der Hitratunnel, der an seiner tiefsten Stelle 264 Meter unter dem Meeresspiegel verläuft. Die Hälfte der 5,5 Kilometer ging es mit 10% Gefälle in einer langgezogenen Kurve bergab, danach das gleiche Spiel bergauf. Exakt im Scheitelpunkt, der natürlich zum Laufenlassen verleitet, stand eine Radarblitzgerät :-)

Lærdalstunnel: Mit 24,5 Kilometern ist dieser Tunnel der zurzeit 6st-längste Tunnel der Welt und wohl bis auf unabsehbare Zeit hinaus der längste Straßentunnel überhaupt. Er ist Teil der Straßenverbindung Oslo-Bergen und ersetzt seit seiner Fertigstellung im Jahr 2000 eine winzige Bergstraße zwischen Aurland und Lærdal, die nur im Sommer befahren werden kann. Damit Autofahrer nicht müde werden, ist der Tunnel absichtlich in Kurven gebaut, obwohl das die Länge natürlich noch etwas erhöht. Zudem gibt es alle 5 Kilometer Lichtgrotten, die unterschiedlich gestaltet sind und für etwas Abwechslung sorgen. Die Fahrt durch diese Tunnel fand ich in der Tat angenehmer als durch viel andere, kürzere Tunnel zuvor.

Die E-16-Tunnelsafari: Auf unserer Fahrt passierten wir eine Gegend, die fast vollständig durchbohrt zu sein scheint. Auf dem Teilabschnitt von Gudvangen nach Aspevik ist man auf einer Strecke von 67 Kilometern etwa 47 Kilometer unter der Erde, unglaublich!

Tunnelsicherheit: Tunnelsicherheit wird in Norwegen erst seit kurzem und auch nur bei den wichtigsten Tunneln groß geschrieben. In der letzten ADAC-Tunneluntersuchung sind alle drei getesteten Tunnel sang- und klanglos durchgefallen. Kein Wunder! Belüftungsanlagen, Nottunnel, Überwachungssysteme, etc. gibt es kaum. Zudem gelten keine besonderen Verkehrsregeln, man darf sogar überholen, was die Norweger bevorzugt tun, weil man es außerhalb von Tunneln meist sehr schwer damit hat. Auf den Nebenstrecken sind die Tunnel häufig wirklich abenteuerlich: Manchmal sind sie so schmal, dass kaum zwei Autos aneinander vorbeipassen, die Wände sind felsig da aufgrund des harten Gesteins keine Verkleidung mit Beton notwendig ist. Dazu ist die Beleuchtung meist sehr schlecht, in einigen Tunneln gibt es sogar noch nicht einmal Licht, da will man wirklich keine Panne an der falschen Stelle haben. Dazu muss man allerdings sagen, im Vergleich zu den Alpentunneln, die sonst meist im ADAC getestet werden, ist das Verkehrsaufkommen hier in Norwegen natürlich um ein Vielfaches geringer und daher die Unfallgefahr sehr niedrig. Wohl auch der allgemein besonnenen Fahrweise der Norweger ist es zu verdanken, dass sie anscheinend noch keine schlechte Erfahrung in Form eines größeren Unglücks mit ihren Tunneln gemacht haben.

Mai-Licht

Tja, wie schon gesagt... hab ich jetzt etwas Zeit mich mal wieder der Aktualisierung meines Blogs zu widmen:

Erstmal zum Wetter und noch wichtiger Licht:
Für uns "Südländer" ist es einfach nur geil: Es wird seit 1-2 Wochen nicht mehr richtig dunkel!!! Die erste Mitternachtsrunde Fußball liegt längst hinter mir und selbst um 1:15 Uhr, dem Tiefstpunkt des Sonnenstandes, der bedingt durch Sommerzeit und Lage in der Zeitzone nicht etwa um Mitternacht liegt, ist es noch dämmrig und in nördlicher Richtung lässt sich klar ausmachen, wo die Sonne nur knapp unterhalb des Horizonts herwandert. Wie es im Dezember der Fall war, dass man mittags nicht wusste, ob die Sonne noch auf- oder schon wieder untergeht, gehen jetzt Sonnenuntergang und Sonnenaufgang nahtlos ineinander über. Noch gestern Abend beim Grillen am Fjord konnten wir den Untergang sehr gut beobachten. Er dauert schier endlos, ist zurzeit um 22.38 Uhr astronomisch vollzogen und führt zu einem endlosen Abendrot. Der Spruch "Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf, usw..." gilt nicht in Norwegen, denn bevor die Sonne hier untergeht, ist sie schon im Norden zu sehen!!!

Das Ganze ist nicht nur faszinierend, sondern hat auch wirklich starken Einfluss auf Mensch und Natur: Nicht nur, dass ich bei einer "nächtlichen" Mountainbiketour vor zwei Tagen um halb 12 noch jede Menge Leute im Wald getroffen hab und man allgemein das Gefühlt hat, dass die Leute kaum noch schlafen; mein persönlicher Eindruck ist auch, dass alle auf einmal viel freundlicher und besser gelaunt sind als noch vor einiger Zeit. Nicht, dass vorher schlecht Laune geherrscht hätte, aber irgendwie erhellt das Licht doch wohl ganz eindeutig die Gemüter. Auch die Natur scheint ein wenig verrückt zu spielen. Während wir zum Schlafen einfach die Vorhänge zu ziehen, ist das für Tiere natürlich nicht so einfach. Tatsächlich um 1:30 Uhr mitten in der "Nacht" fangen zurzeit die Vögel an zu zwitschert! Spinnen die - müssen die Viecher nicht auch mal schlafen???

Wie, wann, wohin du willst.

So der Slogan des größten deutschen Online-Reisebüros, das gleichzeitig der wichtigste Kunde von TravelTainment ist.
Leider hat sich dieser Slogan dieses Wochenende auf zynische Weise nicht bestätigt, denn Expedia ist schuld, dass ich gerade Zeit hab, meinen Blog mal wieder upzudaten anstatt mit meinen beiden Lieblingssoldaten in den Bergen unterwegs zu sein...
Zur Erklärung: Die beiden hatten ihren bei Expedia gebuchten Flug umbuchen müssen. Die Umbuchung war ihnen von Expedia bestätigt worden, offensichtlich von einem schludrigen Mitarbeiter aber nicht an die Fluggesellschaft weitergeleitet worden. Resultat: Beim Check-In am Flughafen lag der Fluggesellschaft lediglich die erste Buchung vor, für Flüge, die zwei Wochen früher gestartet waren. Dumm gelaufen... hoffe jetzt mal, dass sie wenigstens den vollen Preis (der ganz schön hoch) war, erstattet bekommen und vielleicht noch eine Entschädigung (wenigstens in Form eines Gutscheins oder so). Mich hat das ganze nämlich auch nicht nur jede Menge Zeit bei der Aufstellung eines angemessenen Besuchsprogramm gekostet, sondern auch mehr als 70 €. Denn ich hatte schon ein Auto gemietet, das ich für einen Tag bezahlen musste und ne Hütte gebucht. So eine Scheiße!

Dienstag, 13. Mai 2008

Road Trip gen Süden

Vergangene Woche hab ich zusammen mit Stefan und Thomas (ein Brasilianer) meinen bislang längsten Ausflug unternommen. Es ging in fünf Tagen mit nem Leihwagen bis nach Stavanger im Südwesten Norwegens und wieder zurück.
Auf fast 2.000 Autokilometern haben wir einige der spektakulärsten Natursehenswürdigkeiten des Landes passiert und es sind Hunderte von Fotos entstanden...
Eine kleine Auswahl, die dennoch so groß ist, dass sie diesmal den Blogtext nicht nur ergänzen, sondern ersetzen soll, werde ich in den nächsten Tagen online stellen...
Bis dann!

Montag, 28. April 2008

Tiomila - Orienteering in den Wäldern Schwedens

Wie schon angekündigt, war ich dieses Wochenende mit dem Orientering-Team der NTNU auf Reise in Schweden. In Rosersberg, das zwischen Stockholm und Uppsala liegt, fand der 63. Tiomila-Lauf statt, ein Orientierungsstaffelrennen über 10 skandinavische Meilen, also 100 Kilometer.

Der erste Höhepunkt für mich persönlich war bereits nach etwa zwei von insgesamt 14 Stunden Busfahrt erreicht. Denn kurz vor der schwedischen Grenze habe ich eeeeendlich meinen ersten ELCH gesehen!!!!!!!
Es war eine reife Elchdame (zumindest hatte das Vieh kein Geweih), die etwas verpeilt neben der Straße stand und dem Bus ziemlich dumm hinterherglotzte. Noch kein beeindruckendes Naturerlebnis wie es Andere schon beim Langlaufen oder auch Orientering hatten, aber immerhin.

Die Fahrtroute führte uns geradewegs nach Osten, von der Nord- zur Ostsee. Einen zweistündigen Halt machten wir in der mittelschwedischen Hafenstadt Sundsvall, wo wir uns mit Essen und alkoholhaltigen Erfrischungsgetränken eindeckten. Zu dem wurde hier die Einmarschzeremonie für den Wettbewerb geprobt: Eine Parade mit Trommeln, Trompeten, der norwegischen Flagge und natürlich dem Schlachtruf "Hu og Hei". Die Passanten waren von unserer unterhaltsamen Parade angenehm überrascht, machten Fotos und stimmten teilweise sogar in das nicht gerade einfallsreiche "Lied" mit ein. Selbst die Rentner, die wir vorübergehend von einer Bühne auf dem zentralen Marktplatz vertrieben, verziehen uns und ließen sich von ihrer Demonstration für Apotheken, Medikamente oder sonst irgendwas (mehr konnte ich den Plakaten nicht entnehmen) gerne ablenken.

Nach einer weiteren mehrstündigen Fahrt kamen wir schließlich am Schloss von Rosersberg an und bestückten den Zeltplatz. Das ganze Gelände war noch so gut wie leer, da die meisten Teams wohl erst am Samstag anreisten. Im Nachhinein kann ich eigentlich nicht ganz nachvollziehen, warum wir dies nicht auch taten, denn so gab es relativ viel Zeit, in der man relativ wenig machen konnte. Am Samstag Vormittag fand ein offener sowie ein Jugendwettbewerb statt, währenddessen wir den traditionellen Einzug der NTNUI-Teams zelebrierten. Auch wenn das Event eigentlich nicht so groß war, wie ich es erwartet hatte, waren doch Teams aus mehreren Ländern (allerdings schon hauptsächlich skandinavische und finnische) da, es gab eine Promotion-Area, eine Großbildleinwand, durchgehende Kommentierung der Ereignisse und sogar königliche Ehren, denn König Carl XVI. Gustav ließ es sich nicht nehmen, zumindest die Sieger der Jugendteams zu krönen.

Um 15 Uhr fand der Start der Mädels statt, die nur in 5er-Teams und wesentlich kürzere Distanzen zu absolvieren hatten. Von den 350 Teams die am Start waren, wurde unser Team, das der International Student Union Trondheim eines der letzten. Nicht weil unsere Mädels zu lahm waren oder sich großartig verlaufen hätten, aber Orientering ist definitiv ein Sport, in dem Übung den Meister macht, und die war bei uns, offensichtlich im Gegensatz zu den meisten Anderen eben kaum vorhanden.

Für die Jungs unter uns war hingegen den ganzen Samstag lang nur Abwarten angesagt, was ich ziemlich ätzend fand. Unser Start war für 22 Uhr angesetzt, weil am Tag durch die Wälder zu laufen ja auch irgendwie zu einfach ist ;-)

Große Ambitionen gab es in unserem Team von vorneherein nicht, denn da wir nur 5 statt 10 Läufer zusammenbekommen hatten, starteten wir sowieso mehr oder weniger außer Konkurrenz. Die Distanzen der einzelnen "Lags" waren ganz unterschiedlich. Der Slowake Thomas übernahm die Rolle als Startläufer und begab sich um 22 Uhr auf seinen 12 Kilometer von denen er nach etwas mehr als 3 Stunden zurückkam. Dann war Jorge, als Spanier so etwas wie der Exot unter den Teilnehmern, an der Reihe. Auch er brauchte für 12 Kilometer etwas mehr als drei Stunden. Da er einen Kontrollpunkt nicht auf die Schnelle finden konnte und seine Kopflampe ein Ende der Batterien signalisierte (was mitten in der Nacht alleine im Wald ganz schön verheerend sein kann), trat er mit einem fehlenden Posten den Rückweg an und wir waren aus einem zweiten Grund disqualifiert. Aber was solls, für uns war das Ganze eh Just-for-Fun.

Während Thomas und Jorge im Stockdunkel durch den Wald geirrte waren, hatte ich versucht im Zelt etwas Schlaf zu bekommen, um fit für meinen Lauf zu sein. Ich hatte mich freiwillig für den längste Abschnitt mit 16,5 Kilometern gemeldet (bei der langen Anfahrt muss es sich ja auch lohnen) und erwarte den Start für etwa zwischen 3 und 4 Uhr. Schließlich war es schon nach vier als Jorge von seinem Lauf zurückkam und erst noch Christoph auf den 6,9 km langen 3. Abschnitt schickte. Für mich war das das Signal zum Aufstehen, und ich war sehr froh darüber, denn mir war alleine im Zelt ganz schön kalt geworden und ich wollte auch endlich raus auf die Strecke.

Christoph war dann auch deutlich schneller als erwartet unterwegs und als ich in der Wechselzone ankam, wartete er schon seit einigen Minuten auf mich. Peinlich, aber für uns spielte das ja auch keine Rolle mehr. Wie das System vorsah händigte mir Christoph die für mich relevante Karte aus (jeder bekommt eine andere) auf der meine Posten, 23 an der Zahl, eingezeichnet waren, denen ich einen Besuch abzustatten hatte. Auf 16,5 Kilometer kommt man nur wenn man der Luftlinie zwischen den Posten exakt folgt, was weder möglich, noch besonders klug ist. Da ich Umwege über Straßen und Wege dem Verirren im Wald vorzog lief ich auch einige bedeutende Umwege und kam insgesamt bestimmt auf mehr als 20, wenn nicht sogar 25 Kilometer Strecke.

Die ersten beiden Posten waren endlos weit auseinander und ich brauchte mehr als 50 Minuten bis zum zweiten Kontrollpunkt. Auf der Suche nach diesem, die sich ganz schön hinzog, traf ich dann einen dänischen Soldaten, der ebenfalls im 4. Lag war und ebenso unambitioniert und unerfahren schien, wie das für uns der Fall war. Da es für unseren Abschnitt keine Aufsplittung der Posten gab, absolvierten wir von nun an alle restlichen Posten gemeinsam. "Vier Augen sehen mehr als zwei", und "geteiltes Leid ist halbes Leid", oder so ähnlich...

Das Teamwork zahlte sich aber durchaus für uns beide aus, denn die Posten waren echt wirklich gemein versteckt und bei der Suche im Detail war es wirklich hilfreich, sich aufteilen zu können. Die Posten, die aus einem Balken mit Orange-Weißen-Laternen sowie einem elektronischen Messgerät bestehen waren teils hinter Felsen, in kleinen Mulden oder Sümpfen versteckt... oft richtig hinterlistig, aber darin bestand wohl auch der Anspruch des Wettbewerbs.
Während wir noch auf dem vierten Abschnitt unterwegs waren und für jeden Posten ein paar Minuten Suchzeit brauchten, überholten uns schon scharenweise Schlussläufer im 10. Lag. Keine Ahnung wie die Typen das machen, aber die "Profis" finden jeden Posten auf Anhieb, ohne stehen zu bleiben, ohne Umwege zu laufen... einfach nur unglaublich. Die müssen bei der Geburt oder zumindest zu einem sehr frühen Zeitpunkt einen GPS-Empfänger in ihr Hirn implatiert bekommen haben, anders ist das nicht zu erklären.
Wie auch immer, nach 3 Stunden, 14 Minuten und 23 Posten erreichte ich jedenfalls das Ziel und übergab an Simon, unseren "Schlussläufer" im 5. Lag.

Ein Schlusswort:
1. Orientering macht Riesenspaß, auch wenn man nicht ohne nasse Füße, Kratzer und Schrammen auskommt
2. Die Zeit die man beim normalen Laufen für eine bestimmte Distanz braucht muss man mindestens mit 2 multiplizieren um auf die Zeit beim Orientierungslauf zu kommen
3. Die "Profis" leisten unvorstellbares
4. Das Wochenende selbst hat mich etwas enttäuscht, weil dem endlosen Abwarten und Busfahren ein zu kurzer Wettbewerb gegenüber stand
5. Beim nächsten Lauf in Trondheim oder Umgebung bin ich wieder dabei (schließlich hab ich mir jetzt sogar nen Sport-Kompass gekauft)!