Wie schon angekündigt, war ich dieses Wochenende mit dem Orientering-Team der NTNU auf Reise in Schweden. In Rosersberg, das zwischen Stockholm und Uppsala liegt, fand der 63. Tiomila-Lauf statt, ein Orientierungsstaffelrennen über 10 skandinavische Meilen, also 100 Kilometer.
Der erste Höhepunkt für mich persönlich war bereits nach etwa zwei von insgesamt 14 Stunden Busfahrt erreicht. Denn kurz vor der schwedischen Grenze habe ich eeeeendlich meinen ersten ELCH gesehen!!!!!!!
Es war eine reife Elchdame (zumindest hatte das Vieh kein Geweih), die etwas verpeilt neben der Straße stand und dem Bus ziemlich dumm hinterherglotzte. Noch kein beeindruckendes Naturerlebnis wie es Andere schon beim Langlaufen oder auch Orientering hatten, aber immerhin.
Die Fahrtroute führte uns geradewegs nach Osten, von der Nord- zur Ostsee. Einen zweistündigen Halt machten wir in der mittelschwedischen Hafenstadt Sundsvall, wo wir uns mit Essen und alkoholhaltigen Erfrischungsgetränken eindeckten. Zu dem wurde hier die Einmarschzeremonie für den Wettbewerb geprobt: Eine Parade mit Trommeln, Trompeten, der norwegischen Flagge und natürlich dem Schlachtruf "Hu og Hei". Die Passanten waren von unserer unterhaltsamen Parade angenehm überrascht, machten Fotos und stimmten teilweise sogar in das nicht gerade einfallsreiche "Lied" mit ein. Selbst die Rentner, die wir vorübergehend von einer Bühne auf dem zentralen Marktplatz vertrieben, verziehen uns und ließen sich von ihrer Demonstration für Apotheken, Medikamente oder sonst irgendwas (mehr konnte ich den Plakaten nicht entnehmen) gerne ablenken.
Nach einer weiteren mehrstündigen Fahrt kamen wir schließlich am Schloss von Rosersberg an und bestückten den Zeltplatz. Das ganze Gelände war noch so gut wie leer, da die meisten Teams wohl erst am Samstag anreisten. Im Nachhinein kann ich eigentlich nicht ganz nachvollziehen, warum wir dies nicht auch taten, denn so gab es relativ viel Zeit, in der man relativ wenig machen konnte. Am Samstag Vormittag fand ein offener sowie ein Jugendwettbewerb statt, währenddessen wir den traditionellen Einzug der NTNUI-Teams zelebrierten. Auch wenn das Event eigentlich nicht so groß war, wie ich es erwartet hatte, waren doch Teams aus mehreren Ländern (allerdings schon hauptsächlich skandinavische und finnische) da, es gab eine Promotion-Area, eine Großbildleinwand, durchgehende Kommentierung der Ereignisse und sogar königliche Ehren, denn König Carl XVI. Gustav ließ es sich nicht nehmen, zumindest die Sieger der Jugendteams zu krönen.
Um 15 Uhr fand der Start der Mädels statt, die nur in 5er-Teams und wesentlich kürzere Distanzen zu absolvieren hatten. Von den 350 Teams die am Start waren, wurde unser Team, das der International Student Union Trondheim eines der letzten. Nicht weil unsere Mädels zu lahm waren oder sich großartig verlaufen hätten, aber Orientering ist definitiv ein Sport, in dem Übung den Meister macht, und die war bei uns, offensichtlich im Gegensatz zu den meisten Anderen eben kaum vorhanden.
Für die Jungs unter uns war hingegen den ganzen Samstag lang nur Abwarten angesagt, was ich ziemlich ätzend fand. Unser Start war für 22 Uhr angesetzt, weil am Tag durch die Wälder zu laufen ja auch irgendwie zu einfach ist ;-)
Große Ambitionen gab es in unserem Team von vorneherein nicht, denn da wir nur 5 statt 10 Läufer zusammenbekommen hatten, starteten wir sowieso mehr oder weniger außer Konkurrenz. Die Distanzen der einzelnen "Lags" waren ganz unterschiedlich. Der Slowake Thomas übernahm die Rolle als Startläufer und begab sich um 22 Uhr auf seinen 12 Kilometer von denen er nach etwas mehr als 3 Stunden zurückkam. Dann war Jorge, als Spanier so etwas wie der Exot unter den Teilnehmern, an der Reihe. Auch er brauchte für 12 Kilometer etwas mehr als drei Stunden. Da er einen Kontrollpunkt nicht auf die Schnelle finden konnte und seine Kopflampe ein Ende der Batterien signalisierte (was mitten in der Nacht alleine im Wald ganz schön verheerend sein kann), trat er mit einem fehlenden Posten den Rückweg an und wir waren aus einem zweiten Grund disqualifiert. Aber was solls, für uns war das Ganze eh Just-for-Fun.
Während Thomas und Jorge im Stockdunkel durch den Wald geirrte waren, hatte ich versucht im Zelt etwas Schlaf zu bekommen, um fit für meinen Lauf zu sein. Ich hatte mich freiwillig für den längste Abschnitt mit 16,5 Kilometern gemeldet (bei der langen Anfahrt muss es sich ja auch lohnen) und erwarte den Start für etwa zwischen 3 und 4 Uhr. Schließlich war es schon nach vier als Jorge von seinem Lauf zurückkam und erst noch Christoph auf den 6,9 km langen 3. Abschnitt schickte. Für mich war das das Signal zum Aufstehen, und ich war sehr froh darüber, denn mir war alleine im Zelt ganz schön kalt geworden und ich wollte auch endlich raus auf die Strecke.
Christoph war dann auch deutlich schneller als erwartet unterwegs und als ich in der Wechselzone ankam, wartete er schon seit einigen Minuten auf mich. Peinlich, aber für uns spielte das ja auch keine Rolle mehr. Wie das System vorsah händigte mir Christoph die für mich relevante Karte aus (jeder bekommt eine andere) auf der meine Posten, 23 an der Zahl, eingezeichnet waren, denen ich einen Besuch abzustatten hatte. Auf 16,5 Kilometer kommt man nur wenn man der Luftlinie zwischen den Posten exakt folgt, was weder möglich, noch besonders klug ist. Da ich Umwege über Straßen und Wege dem Verirren im Wald vorzog lief ich auch einige bedeutende Umwege und kam insgesamt bestimmt auf mehr als 20, wenn nicht sogar 25 Kilometer Strecke.
Die ersten beiden Posten waren endlos weit auseinander und ich brauchte mehr als 50 Minuten bis zum zweiten Kontrollpunkt. Auf der Suche nach diesem, die sich ganz schön hinzog, traf ich dann einen dänischen Soldaten, der ebenfalls im 4. Lag war und ebenso unambitioniert und unerfahren schien, wie das für uns der Fall war. Da es für unseren Abschnitt keine Aufsplittung der Posten gab, absolvierten wir von nun an alle restlichen Posten gemeinsam. "Vier Augen sehen mehr als zwei", und "geteiltes Leid ist halbes Leid", oder so ähnlich...
Das Teamwork zahlte sich aber durchaus für uns beide aus, denn die Posten waren echt wirklich gemein versteckt und bei der Suche im Detail war es wirklich hilfreich, sich aufteilen zu können. Die Posten, die aus einem Balken mit Orange-Weißen-Laternen sowie einem elektronischen Messgerät bestehen waren teils hinter Felsen, in kleinen Mulden oder Sümpfen versteckt... oft richtig hinterlistig, aber darin bestand wohl auch der Anspruch des Wettbewerbs.
Während wir noch auf dem vierten Abschnitt unterwegs waren und für jeden Posten ein paar Minuten Suchzeit brauchten, überholten uns schon scharenweise Schlussläufer im 10. Lag. Keine Ahnung wie die Typen das machen, aber die "Profis" finden jeden Posten auf Anhieb, ohne stehen zu bleiben, ohne Umwege zu laufen... einfach nur unglaublich. Die müssen bei der Geburt oder zumindest zu einem sehr frühen Zeitpunkt einen GPS-Empfänger in ihr Hirn implatiert bekommen haben, anders ist das nicht zu erklären.
Wie auch immer, nach 3 Stunden, 14 Minuten und 23 Posten erreichte ich jedenfalls das Ziel und übergab an Simon, unseren "Schlussläufer" im 5. Lag.
Ein Schlusswort:
1. Orientering macht Riesenspaß, auch wenn man nicht ohne nasse Füße, Kratzer und Schrammen auskommt
2. Die Zeit die man beim normalen Laufen für eine bestimmte Distanz braucht muss man mindestens mit 2 multiplizieren um auf die Zeit beim Orientierungslauf zu kommen
3. Die "Profis" leisten unvorstellbares
4. Das Wochenende selbst hat mich etwas enttäuscht, weil dem endlosen Abwarten und Busfahren ein zu kurzer Wettbewerb gegenüber stand
5. Beim nächsten Lauf in Trondheim oder Umgebung bin ich wieder dabei (schließlich hab ich mir jetzt sogar nen Sport-Kompass gekauft)!
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