Freitag, 18. April 2008

Die Lofoten - Ein Traum in Blau und Weiß

Jipppiieee... endlich mal ein bisschen Zeit!
Präsentation abgegeben, Traveltainment-Monster-USA-Auftrag abgeschickt und ein bisschen Luft zwischen den Reisen - da ist es nochmal Zeit mich meinem sehr vernachlässigten Blog zu widmen.

Absoluter Höhepunkt der letzten Zeit, war, wie den Fotos schon zu entnehmen war, ein 4-tägiger Trip auf die Lofoten, eine Inselgruppe in der Provinz Nordland, deren Name ja schon etwas über die geographische Lage aussagt.
Bekannt sind die Lofoten nicht nur als beliebtes Urlaubsziel, das mit spektakulären Bergen und idyllischen Fjorden begeistert, sondern auch als Norwegens Fisch- und Walfangzentrum. In der Tat ist es so, dass hier die Fischerei noch mindestens ebenso wichtig für die einheimisch Wirtschaft ist, wie der Tourismus.
Die Fahrt erfolgte dieses Mal vollkommen durchorganisiert von ESN, der Erasmus Student Union. Im Vorfeld hatte ich lange mit mir gerungen, ob ich mich für die Fahrt anmelden sollte, weil ich 1. eigentlich keine Zeit hatte und 2. eigentlich lieber privat mit mehr Zeit auf die Lofoten gefahren wäre. Aber im Nachhinein bin ich sehr froh drum, denn die Reise war wirklich ein Erlebnis und wer weiß ob ichs bei meinen ganzen restlichen Reiseplänen später überhaupt noch geschafft hätte, den Lofoten einen Besuch abzustatten.

Los gings am Donnerstag Abend. Gefahren wurde die ganze Nacht durch. Um 4 Uhr morgens erreichten wir den Polarkreis und als ich aufwachte und einen Blick aus dem Fenster warf, fühlte ich mich auch wirklich direkt wie am Nordpol. Denn wir fuhren gerade über eine 600-Meter hohe Hochebene relativ weit im Landesinneren, die wirklich einer Eiswüste glich, wie ich sie mir in der Antarktis (ich weiß, das die Antarktis am Südpol liegt, aber am Nordpol gibts nun mal keine Berge) nicht besser vorstellen könnte. Da die meisten schliefen und der Polarkreis jetzt nicht soooo spektakulär ist (nein, man sieht keine Linie), fuhren wir gleich weiter und machten erst ein ganzes Stück weiter im Norden einen längeren Halt.

Um auf die Lofoten zu kommen nahmen wir die Fähre von Bognes nach Lødingen, das am Nordende der Inselgruppe liegt. Nach einer wunderschönen Fahrt kamen wir gegen Mittag dann in Svolvær an, wo wir eine 1,5 stündige Pause zum Mittagessen und Einkaufen machten. Da ich nicht viel einzukaufen hatte, setzte ich mich von der Gruppe ab und erkundete mal die Hafengegend von Svolvær, das so etwas wie der Hauptort der Inseln ist. Finden konnte ich einen chicen Yachthafen und jede Menge Fisch, der hier traditionell auf Holzgerüsten zum Trocknen aufgehängt wird.
Die Herstellung von Trockenfisch, meist Kabeljau, hat den historisch Hintergrund, dass getrockneter Fisch nach dem 3-monatigen Trocknen locker 10 Jahre haltbar ist. Optimal als Vorrat für die langen norwegischen Winter und als Proviant für die langen Seereisen der Vikinger. Aus einem besonderen Grund sind die Lofoten übrigens trotz der extremen Überfischung des Kabeljau noch heute ein ergiebiges Fischereigebiet. Denn der Kabeljau, der sonst in den eisigen Gewässern der Barentsee und des Nordmeeres zu finden ist, kommt jedes Jahr im Frühjahr nach hier, um in den relativ milden Küstengewässern, die vom Golfstrom gespeist werden, zu laichen und dann die Rückreise anzutreten. Es ist für die Fischer daher sehr leicht in der Saison, die von Januar bis April dauert, geraume Mengen des Kabeljaus bzw. Dorsch einzufangen.

Nach diesem kleinen agrarwirtschaftlichen Exkurs zurück zum Thema: Nachdem wir Svolvær verlassen hatten, besuchten wir das Vikinger-Museum in der Nähe von Leknes. Die Fahrt war abermals wunderschön, aber das Museum hätte man sich meiner Meinung nach ruhig sparen können. Für Einige war es zwar eine tolle Erkenntnis zu erfahren, dass die Vikinger in Wirklichkeit keine Hörner an ihren Helmen getragen haben, aber ich fand das Ganze ziemlich langweilig. Dazu war unser Touring-Guide ne echte Schlaftablette und sein Vikingerkostüm erinnerte mich eher an nen Troll oder den dicken Mönch in der Robin-Hood-Verfilmung ;-) Da trifft man beim Wacken-Open-Air wesentlich authentischere Vikinger, außerdem ist dort das Met, das hier als "Viking-beer" verkauft wurde, wesentlich günstiger.

Nichtsdestotrotz war nach dem Museumsbesuch Abendessen angesagt, und abgesehen vom Pizza-Turm besuchte ich glaub ich zum ersten Mal ein richtiges norwegisches Restaurant. Dazu gab es ein echtes norwegisches Gericht, nämlich Walfleisch in einer Fischoße mit Kartoffeln und Möhrengemüse. Da wir alle richtig Hunger hatten, zögerte kaum jemand, trotz schlechtem Gewissen den Wal zu probieren. Soweit ich weiß, haben bei nur 2 von 44 Teilnehmern der Engel auf der linken Schulter über den Teufel auf der rechten triumphiert. Tja, um ein Wort zu diesem einmaligen Geschmackserlebnis zu verlieren: Walfleisch ist Fleisch, d.h. es schmeckt auch nach Fleisch, nicht nach Fisch. Es ist sehr dunkel und kräftig, geht also fast so in die Richtung von Wild. Im Abgang kam dann aber auch doch ganz klar das Meeresaroma durch, also ums es zusammenzufassen, würde ich es als ein Mittelding zwischen Wild und Fisch beschreiben.

Nach dem Abendessen bezogen wir unser Quartier in einem Ort, der schon aufgrund seines knackigen Namens, eine Touristenattraktion ist. Å ist nicht nur der letzte Buchstabe des norwegischen Alphabets sondern auch der südlichste Ort der Lofoten, der auf dem Landweg zu erreichen ist. Untergebracht waren wir in einer wunderschönen Rorbuer-Siedlung, das sind Stelzenhäuser direkt am Wasser. Am Abend gabs dann noch eine Party, die aufgrund der ermüdenden Fahrt aber sehr früh zu Ende war.

Am nächsten Tag folgte der wohl absolute Höhepunkt der Reise: Der Bus brachte uns nach Reine, einem der schönsten Orte der Insel. Hier gab es nicht nur abermals viel Fisch zu sehen (und zu riechen; endlose Felder von hängendem Kabeljau), sondern vor allem ein atemberaubendes Fjordpanorama. Mit einem kleinen Fischerboot fuhren wir etwa einen halbe Stunde ans andere Ende des Reinefjords, wo wir zu einer kleinen Wanderung starten. Als wir einen kleinen Bergpass (die Berge sehen hier schon auf 50 Metern Höhe so aus wie in den Alpen auf 2500) überquerten, eröffnete sich uns ein wirklich einmaliger Ausblick. Eingerahmt von 600 Meter hohen Felswänden lag da auf einmal eine weite, einsame Meeresbucht mit feinstem Sandstrand, plätschernder Brandung und einem endlosen Blick auf den Ozean. Der schneebedeckte Weg hinunter zum Strand war recht steil und stellte die Turnschuhreisenden unter uns vor eine ganz schöne Herausforderung. Abhilfe schaffte die Plastiktütenrutschtechnik, "Vamos a la playa" einmal auf norwegische Art.

Nachdem wir eine kleine Höhle am Rand des Strandes besichtigt hatten, war dann Umziehen angesagt... schließlich bekommt man nicht jeden Tag die Möglichkeit, nördlich des Polarkreises im Atlantik baden zu gehen. Die Sonne schien, Eisschollen trieben keine im Wasser, Polarbären waren auch keine zu sehen, dem Badevergnügen stand also nichts mehr im Weg. Das Vergnügen war dann allerdings doch recht kurz, denn bevor man die Gewässer erreichte, die zum Schwimmen tief genug waren, verlor man bereits das Gefühl in den Beinen. Auf dem Rückweg hätte ich dann glaub ich in einen Seeigel oder sonstwas treten können, ohne irgendwas Schmerzähliches gespürt zu haben. Trotzdem war es eine tolle Erfahrung, die 5 Grad warme Luft hinterher als warm empfinden zu können.

Nachdem Rückweg über den kleinen Pass hatten wir dann noch ein Barbecue am Fjord und eine kleine "Vikinger-Taufe", die aus kaltem Wasser im Nacken (von den Badeerfahrenen konnte das keinen mehr schockieren), nem Löffel Lebertran (mmmh...) und einem Happen Stockfisch bestand. Nach der Rückfahrt war dann auch Heimfahrt angesagt und der Tag endete mit einem Lachsdinner und einer kleinen Party (die ich allerdings aufgrund grausamer Musik und meiner Pläne für den frühen Morgen recht frühzeitig verließ).

Da am nächsten Morgen außer mir keiner früh aufstehen wollte und wir nur bis Mittags Zeit hatten (um 2 war schon wieder Rückfaht gen Heimat angesagt) machte ich mich alleine auf eine Wanderung. Eigentliches Ziel war es gewesen, einen Berg zu besteigen, doch zu extreme Steilheit und die Unberechenbarkeit von angetautem/wiedergefrorenen Schnee ließen das Vorhaben Scheitern. Also wanderte ich durch ein langes Tal, das einen zugefrorenen See beherbergte, der früher sicher einmal ein Fjord gewesen war. Das Wetter war diesmal nicht sooo toll, erst als ich ganz am Ende des Tals angekommen war, klarte es auf. Ich machte ein paar schöne Fotos, aber alles in allem war die Wanderung kein Vergleich zu der des Vortags.

Auf der Rückfahrt nahmen wir diesmal den direkten Weg mit der Fähre von Moskenes nach Bodø, in eine der "größten" Städte Nordnorwegens. Die Überfahrt mit der Fähre dauerte 4 Stunden und war wunderschön, denn stets hatte man eine spektakuläre Bergkulisse zumindest weit entfernt in Sicht, zudem schien die Sonne so kräftig, dass man es auch länger Zeit (2 Std. war bei mir das Limit) auf Deck aushalten konnte. In Bodø aßen wir Pizza zu Abend und fuhren zu einem Mahlstrom, dem angeblich stärksten der Welt. Ein Mahlstrom (englisch Maelstrom) ist ein Gezeitenstrom, also ein Fluss (in diesem Fall zwischen zwei Fjorden) der je nach Ebbe und Flut in unterschiedliche Richtungen fließt. An den Stellen, an denen die Flüsse aus unterschiedlichen Richtungen aufeinanderprallen kann es zu Wasserwirbeln kommen, die Boote regelrecht verschlucken können. Als wir den Mahlstrom erreicht war der letzte Höhepunkt des Stroms, der alle 6 Std. auftritt, leider gerade 3 Std. vorbei und es gab fast nichts ungewöhnliches zu sehen. Pech gehabt... Dann war wiederum eine laaaaaaaange Rückfahrt angesagt, an dessen Ende wir montags morgens um 8 zurück im heimischen Trondheim ankamen.



Norwegische Eigenart des Monats (das triffts mittlerweile wohl besser): Walfang
Für Umweltschützer ist dieses Thema eine ganz dunkle Seite Norwegens. In der Tat ist Norwegen das einzige Land der Welt, in dem offiziell zu kommerziellen Zwecken Walfang betrieben wird. In Japan geschieht dies "offiziell" nur zu Forschungszwecken, in Kanada, Grönland etc. ist das Recht nur dem Erhalt der Inuit Kultur vorbehalten. Trotz dem internationalen Protest genießt der Walfang bei der norwegischen Bevölkerung großen Rückhalt und wird kaum in Frage gestellt. Man muss das Ganze allerdings relativieren: Gejagd werden ausschließlich Zwergwale, die keineswegs vom Aussterben bedroht sind (im Gegensatz z.B. zum Kabeljau). Darüberhinaus gibt es eine Quotenregelung, die sogar meist unterschritten wird. Gegessen wird Wal sehr selten und ist auch nur in einigen Gegenden auf den Speisekarten der Restaurants zu finden.
Meine Theorie: Auch wenn einige Fischer in Norwegen Wale vor allem aus Angst um den Fortbestand ihrer Fischbestände jagen (Wale sind meist hungrig und können ne ganzen Menge Fisch futtern), ist der Hauptgrund für die Weigerung, das internationale Walfangmoratorium zu unterschreiben, der norwegische Nationalstolz. So wie man sich auch nicht den Regeln der EU unterwerfen möchte, sieht man überhaupt keinen Anlass, sich von Außen Regeln für die Agrarwirtschaft diktieren zu lassen. Man macht lieber das, was man selbst für richtig hält. Dass Wal hin- und wieder mal gerne gegessen wird, spielt da wohl eher eine untergeordnete Rolle.

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