Tja, so schnell kann sichs ändern.
Die letzte Überschrift ist mittlerweile wahrlich "Schnee von gestern". Denn seit letztem Donnerstag scheint hier endlich Winter zu sein. Donnerstags morgens stellte ich beim Blick aus dem Fenster überrascht fest, dass bestimmt 10 cm Schnee lagen. Den ganzen Tag über hats weiter geschneit und übers ganze Wochenende ist noch einiges dazu gekommen. Ich weiß nicht genau, wieviel jetzt hier liegt, aber zum Langlaufen reichts jetzt auch in Moholt und der Wetterbericht sagt für die kommende Woche stabiles Winterwetter mit bis zu -6 Grad voraus.
Die unverhofften Winterfreuden erwischten uns allerdings kalt in unserer Wochenendplanungen für den Trip zur Holvassgamma. Eigentlich wollten wir zu einer Hütte, die mehr im Landesinneren liegt und wo wir sicherere Schneebedingungen gehabt hätten. Doch bemerkenswerterweise ist der Run auf die Hütten trotz beginnender Klausurphase und widrigen Wetterbedingungen immer noch riesig und wir mussten auf die Holvassgamma umsteigen. Diese liegt auf der anderen Seite vom Fjord, also zwischen hier und dem offenen Meer. Da dort das Meer und damit der Golfstrom noch größeren Einfluss hat als hier, sahen da die Schneebedingungen zunächst so mau aus, dass wir beschlossen, die Skier zu Hause zu lassen und uns auf die letzte Wandertour des Jahres zu begeben. Doch als es Donnerstag dann den ganzen Tag über schneite, entschieden wir uns dann doch noch spontan, die Skier wenigstens sicherheitshalber mitzunehmen. Eine im Nachhinein eher schlechte Entscheidung.
Naja, Freitag morgen standen wir dann jedenfalls so früh auf, wie noch nie zuvor seit ich hier bin. Denn der Bus führ um 8.10 am Hauptbahnhof ab. Für die 2-stündige Fahrt, inkl. Fähre über den Fjord mussten wir nur 64 Kronen zahlen, überraschend günstig. Nach Absprache mit dem Busfahrer ließ der uns dann mitten in der Pampa raus und wir machten uns mit Karte, Kompass und GPS (das wir diesmal allerdings nicht brauchten) auf die Suche nach der Hütte. Wieder gab es zwei Routen und wieder entschieden wir uns auf dem Hinweg für den Weg übers Fjell, also die Hochebenen. Das Wetter war wechselhaft, zwischen Schneeschauern kam aber auch immer mal wieder die Sonne raus, ganz schön eigentlich. Da nicht genug Schnee lag und das Gelände sehr uneben war, schnallten wir die Ski wieder auf die Rucksäcke und wanderten erstmal bergauf. Die Landschaft war traumhaft, überall kleine Berge, dazwischen tiefe Tälern mit teilweise zugefrorenen Seen und in der Ferne konnte man das Meer erahnen. Probleme hatten wir diesmal eigentlich keine, abgesehen davon, dass es zahlreiche Wasserlöcher gab, in die man häufig knöcheltief einbrach und die der vorne gehende immer nur erahnen konnte.
Nachdem wir den höchsten Punkt auf 350 Metern (bei karger Vegetation und felsigem Untergrund hat man das Gefühl, man wäre im Hochgebirge) überschritten hatten, ging es nur noch bergab, hinunter zu einem See, auf dessen anderer Seite die Hütte liegen sollte. An einer Stelle mit gutem Überblick sahen wir dann auf einmal eine Rentierherde den Berg hoch traben, auch wenn ich immer noch keinen Elch gesehen hab, immerhin doch mal ein Fortschritt.
Als wir den See erreichten, erkannten wir ein kleines Problem: Denn eigentlich sollte in einem Verschlag ein Boot liegen, mit dem wir auf die andere Seite hätten fahren können. Doch im Verschlag lag keins und das, das wir stattdessen fanden, hatte einen tiefen Riss. Da wir keine große Lust verspürten ein kaputtes Boot im Eiswasser zu testen, suchten wir nach einem anderen Weg auf die andere Seite. Im Nachhinein wohl eine gute Entscheidung, denn da das Wasser an den Ufern größtenteils zugefroren war, hätten wir wohl sowieso Probleme bekommen.
Stattdessen fand wir dann eine kleine Furt, die mit Steinen bestückt war und über die wir dank Gore-Tex-Schuhen und Skistöcken auch trockenen Fußes das andere Ufer erreichten. Die Suche der Hütte war dann nur noch Formsache und nach insgesamt vier Stunden Wanderung hatten wir die Holvassgamma erreicht.

Die Hütte sah sehr gemütlich aus. Langgezogen und grasüberwachsen drängte sich mir direkt der Vergleich mit einer Hobbit-Höhle auf, was wohl auch daran liegt, dass ich zur Zeit endlich mal "Lord of the Rings" lese. Relativ bald offenbarten sich dann aber doch die Schwächen der Hütte, die so gar nicht hobbit-mäßig sind. Erstens fanden wir nur Lampenteile, aber keine funktionierende Lampe und zweitens wollte der Ofen nicht richtig heiß werden. Bei einer ungefähren Nachtdauer von 16.00 Uhr bis 8.00 Uhr und von Außentemperaturen von um die 0 Grad nicht sehr komfortabel. Zudem war die Hütte schlecht isoliert und der Ofen stand am einen Ende der langgezogenen Hütte, während die Betten etwa 5-6 Meter entfernt am anderen Ende waren, dort war von Wärme auch nach mehreren Stunden nicht viel zu spüren.
Naja, wir heizten so gut es ging, tranken viel heißen Tee, den wir mit dem bestens funktionierende Primus-Kocher machen konnten, und tranken ein bisschen wärmenden Aquavit. So ging es eigentlich. Die 33 Teelichter, die wir dabei hatten mussten wir hingegen schon rationieren, denn nur auf die Batterien unserer Kopflampen wollten wir uns auch nicht verlassen.
Am nächsten Morgen mussten wir uns dann ganz schön aus den Schlafsäcken quälen, denn wie uns Sörens Thermometer verriet, waren es in unserem Schlafgemach ganze 4 Grad. Der Härtetest für meinen Aldi-Schlafsack also. Es ging aber eigentlich, nur das Aufstehen kostete wirklich Überwindung.
Nach dem ausgiebigen Frühstück suchten wir uns auf der Karte den 442 Meter hohen Lysvassaheia als Gipfel des Tages aus und begaben uns bald auf die Wanderung. Zunächst folgten wir dem See/Fluss talaufwärts und sahen jede Menge frische Elchspuren. Leider verschwanden die irgendwann im Fluss, anscheinend war der Elch dort auf die anderer Seite gewatet. Nachdem wir das Tal verlassen hatten und mehr oder weniger gerade zum Berg aufstiegen, wurde es immer windiger und oben tobte ein regelrechter Schneesturm. Doch da wir alle gut angezogen waren und es auch nicht wirklich kalt war, hat es irgendwie trotzdem Spaß gemacht.
Runter sind wir dann auf der anderen Seite des Berges. Der Weg zurück war dann auch weiter als gedacht, aber kurz vor Anbruch der Dunkelheit kamen wir schließlich zurück an der Hütte an. Dann versuchten wir Ofen und Lampen zu reparieren und waren dabei auch mehr oder weniger erfolgreich. Den Ofen "reparierten" Sören und Mase durch Kaputtmachen einer klemmenden Klappe, worauf der Ofen dann auch besser zog, wenn auch ohne die Hütte danach in eine Sauna zu verwandeln (wie es in der Hognabu der Fall war). Aus den zahlreich vorhandenen Teilen von Lampen bastelten Sören und ich schließlich ein simples Exemplar zusammen, was uns dann für den Rest des Abends zumindest halbwegs gut Licht spendete.
Auf dem Primus-Kocher fingen Sören und Mase dann an, Waffeln zu backen. Ein antikes Waffeleisen war vorhanden, eine Fertigmischung hatten wir mitgenommen. Das Ganze war eine ziemliche Sauerei, schmeckte aber ganz gut. Der Abend verlief dann wie immer auf so Hütten. Essen, Biertrinken, mehr oder weniger intellektuelle Diskussionen, Lustigmachen über die Feinheiten der deutschen Sprache (Mase als Schwabe hatte gegen einen Eifeler und zwei Ruhrpöttler sehr zu leiden), usw.
Am nächsten Tag (diesmal warens 6 Grad) räumten wir auf und begaben uns gemächlich auf den Rückweg. Der Bus sollte um 16:10 fahren und wir wählten 11:30 als Aufbruchzeit, um genug Sicherheit zu haben, aber auch nicht zu lange an der Straße warten zu müssen. Der Rückweg verlief zunächst problemlos. Wir folgten diesmal einer anderen Route, die nicht so hoch führte, dafür aber etwas länger war. Da es das ganze Wochenende wieder fast durchgeschneit hatte, lag jetzt mehr und wir überlegten mehrfach auf Skier umzusteigen. Wir ließen es erst einmal sein, aber als mich dann das Schicksal erwischte und ich vorne gehend in ein Wasserloch durchbrach und mit beiden Beinen bis zu den Knien im Matschwasser hing, entschied ich mich, umzusteigen, um auch wieder trockene Füße zu bekommen.
Leider stellte sich das als nicht sooo gute Idee heraus. Erstmal war ich zwar wesentlich schneller unterwegs und sackte auch nicht mehr so tief ein, aber das Gelände wurde dann doch wieder schwieriger und da ich halt auch die ganze Zeit selbst spuren musste, wurde es ziemlich anstrengend. Kurz bevor wir den anvisierten Weg erreichten, verkeilte sich dann noch mein Skistock zwischen zwei Felsen, ich legte mich ordentlich auf die Fresse, der Skistock verbog und der Teller riss ab. Dumm gelaufen.
Am Weg angekommen, stiegen dann auch die anderen auf Ski um und bis zur Bushaltestelle war es noch eine richtig schöne Fahrt. An der Straße mussten wir dann im Schneegestöber noch eine halbe Stunde auf den Bus warten, aber das Timing war eigentlich perfekt.
Die Rückfahrt verzögerte sich erst wieder in Trondheim, als der Bus sich am Samfundet an der Bushaltestelle festfuhr und nicht mehr vor oder zurück kam. Naja, anscheinend gelten die Trägheits- und Reibungsgesetze auch für norwegische Fahrzeuge.