Dienstag, 4. September 2007

Ein Wochenende im klassisch norwegischen Stil

Wie versprochen jetzt der ausführliche Bericht meiner ersten Hüttentour.
Die anfänglichen Planungen, nur eine Nacht zu bleiben, hatten wir noch revidiert und schließlich für zwei Tage bebucht (gebucht heißt reserviert; ca. 4€/Person/Nacht).

Am Samstag gings dann nach gemeinsamem Einkauf gegen Nachmittag endlich los. Um zur Hütte zu kommen, mussten wir erst mit einer Schnellfähre etwa eine Stunde Richtung Mündung des Trondheimfjord fahren. Da die Fähre dort leider in Brekstad hielt, was auf der falschen Seite des Fjords liegt, mussten wir noch eine zweite Fähre auf die andere Seite nehmen.
Von dort hieß es dann noch etwa 5 Kilometer Wandern. Laut Beschreibung sollte die Hütte recht leicht zu finden sein, wobei sich allerdings herausstellte, dass aufgrund eines 'kognitiven LockIn' (ja, ich werde gelegentlich versuchen, wirtschaftsgeographische Fachbegriffe einzubauen) niemand eine Karte mitgenommen hatte. Dabei wäre die ebenso wie ein GPS-Gerät kostenlos ausleihbar gewesen. Naja, aber das wäre ja auch zu einfach gewesen.
Sören haben wirs dann wohl zu verdanken, dass wir die Hütte trotz Zweifel dann doch ohne Probleme gefunden haben...

Die Hütte hat zumindest bei mir alle Erwartungen übertroffen. Sie war echt gemütlich, groß genug und hübsch gelegen. Strom gab es wie erwartet nicht, dafür aber einen Wasseranschluss draußen. Die sanitären Einrichtungen bestanden aus einem Plumpsklo, das, um es nicht zu schnell voll werden zu lassen, von den Herren der Schöpfung aber möglichst nicht benutzt werden sollte.
Da es schon Abend wurde als wir ankamen, haben wir auch nicht lange gewartet und bald angefangen zu kochen. Mit Gasherd und dem direkt befeuerten Ofen ging das auch ganz gut. Es gab Spaghetti Carbonara, literweise Tee und leckeres norwegisches Dosenbier.
Da das Wetter nun wirklich nicht zur Nachtwanderung einlud, verbrachten wir den Rest des Abends mit diversen Kartenspielen, internationalen Spirituosen und angeregten Diskussionen über Waldorfschulen, den Solidaritätszuschlag und Zahnersatz.

Am nächsten Morgen gab es erst einmal ein gutes Frühstück mit Tee, Brot und gewöhnungsbedürftigem norwegischen Aufschnitt. Dann trotzten wir dem Wetter und machten uns auf eine kleine Wanderung. Da wir wie erwähnt keine Karte oder Ähnliches hatte, erklärten wir kurzerhand einen in der Ferne erkennbaren Berg als Ziel. Auf dem Weg ging es erst einmal rund um einen See. Leider fing es wie erwartet nach wenigen hundert Metern an zu regnen. Es sollte für den Rest des Tages nicht mehr aufhören...
Ausgestattet waren wir mehr oder weniger gut. Ich wurde von den Anderen stets wegen meines Regenschirms belächelt, doch ich war verdammt froh, dass ich ihn hatte. Da bei den ersten Schuhe und Jacken langsam durchnässten, trennten wir uns nach etwa einer Stunde und 3 gingen zurück. Der Michael war schon gar nicht mitgekommen, weil er lieber sein Glück beim Angeln probieren wollte. Also machten wir uns zu viert weiter auf den Weg. Unser ursprüngliches Ziel erschien uns schon bald unrealistisch, weil sich uns ein See in den Weg stellte, den wir weder durchschwimmen noch umrunden wollten.
Also kehrten auch wir um und ernannte einen näher an unserer Hütten gelegenen Berg auf dem eine Antenne und ein Gipfelkreuz stand zum Ziel. Der direkte Weg war allerdings dann doch zu steil und felsig und so versuchten wir über eine Flanke ans Ziel zu gelangen. Bei der Überquerung eines Baches gabs dann auch schon die ersten nassen Füße. Sowieso stand das Wasser auf Wiesen, Feldern und Wegen teilweise schon knöchelhoch.
Auch wenn wir dran gezweifelt hatten, führte uns unser eingeschlagener Weg zwischen zwei Hügeln dann aber tatsächlich zu einem kleinen Bachlauf, an dem wir uns Meter um Meter vorkämpfen konnte. Leider musste man hier schon ein bisschen Klettern und mein Regenschirm wurde damit eher unbrauchbar. Als wir dann das Steilste hinter uns hatten und ein kleines Plateau erreichten gings es richtig los. Nach 5-10 Minuten Hagelsturm waren abgesehen von Sören (und seiner HighTech-Ausrüstung) alle pittschnass. Doch jetzt war es nicht mehr weit bis zum Gipfel und wir hatten wenigstens unser Ziel erreicht. Ein wenig klarte es sogar auf und die Aussicht war gar nicht so schlecht. Das Gipfelbuch ließen wir allerdings dann doch liegen um uns schnell auf den Abstieg machen zu können.
Der Hügel an dem unsere Hütte lag, war schon zu sehen, doch der Weg dorthin stellte sich doch noch als weiter und hindernisreicher heraus, als wir das gedacht hatten. So gab es noch einige Hügel zu überqueren, einige Bäche zu überspringen und sumpfige Felder zu durchwaten. Nach einem letzten Abhang kamen wir aber schließlich an und wurden von einem warmen Ofen, heißem Tee und fertig gekochten Spaghetti erwartet... super!
Die Klamotten und Schuhe wurden zum Trocknen aufgehängt bzw. gestellt. Dann gab es erst einmal drei Teller Spaghetti und ein paar Pølser zum Nachtisch. Nach dem uns Simon, Pierre und Stefan gen Trondheim verlassen hatten, machten wir dann erst einmal klar Schiff und es uns dann wieder im warmen Wohnzimmer bequem. Da wir genau vier waren, bot sich diesmal die Gelegenheit zum Doppelkopf-Spielen und so wurde es noch ein gemütlicher und lustiger Abend.
Am nächsten und letzten Tag überraschte uns morgens die Sonne, die wohl doch noch einmal ein Lebenszeichen von sich geben wollte. Sören verabschiedete sich bald, weil er noch ein Ziel vor Augen hatte, und das noch vor der Rückkehr erreichen wollte. Michael wollte noch einmal Angeln gehen und so blieben Hendrik, Antonia und Ich, die wir die Bude auf Vordermann und uns dann gemütlich auf den Weg machten. Als wir Michael einen Besuch im Hafen abstatteten, beschlossen wir dann, dass es doch möglich sein sollte, einen Weg am Strand entlang zur Fähre zu finden und nicht wieder die Straße entlang gehen zu müssen. Gesagt, getan.
Michael bevorzugte die Straße, aber wir machten uns auf den Weg die sagenumworbene Küstenpassage zu finden. Die Kletterei am Strand war dann zunächst auch trotz rutschiger Felsen ganz spaßig. Doch an einer Stelle wurden unsere Fähigkeiten dann doch überfordert. Eigentlich fehlten nur ein paar Meter bevor ein Sicherungsseil Weiterkommen versprach. Doch die waren uns dann doch zu heikel und auf ein Bad im Fjord, dessen Wasser nur wenige Meter darunter schwappte, hatte schließlich auch keiner Lust. Daher kehrten wir schweren Herzens um, obwohl uns damit klar war, dass wir die Fähre an der die anderen auf uns warteten wohl nicht mehr erreichen würden. Nach der Umgehung der schwierigen Stelle über einen Hügel und ein paar weitere, diesmal aber leichtere Kletterpassagen sahen wir schließlich auch den Fähranleger und die Fähre vor unseren Augen abfahren. Pech gehabt.
Als wir dann mit halbstündiger Verspätung den Hafen erreichten, fing es auch endlich mal wieder an zu regnen, wenigstens hatte das zeitlich gut gepasst. Auf die Fähre zur anderen Fjordseite mussten wir dann auch nur 30 Minuten warten, auf die Schnellfähre nach Trondheim dann allerdings mehr als 2,5 Stunden. Naja, die Klettertour wars wert gewesen.
Zurück in Trondheim erwartete uns mal wieder richtig fieses Schmuddelwetter, aber da Hendrik der glücklicher Bully-Besitzer ist, wurde ich dann luxuriös nach Hause chauffiert.

Heute war ich dann wieder in der Uni zur GIS-Übung. Die hat sich eigentlich nur als angeleitetes Hausaufgabenmachen herausgestellt, sodass ich da wohl in Zukunft auch nicht unbedingt immer hingehen muss. Da meine GIS-Vorlesung jetzt doch von Mittwoch auf Montag verschoben wurde, hab ich jetzt morgen frei und werde da mal weider ein paar Seiten lesen, Hausaufgaben machen und vielleicht noch was für TravelTainment (in Zukunft nur noch TT) schreiben. Nachmittags hab ich dann zum dritten Mal Hockey-Training. Ich hab jetzt meine feste Position als rechter Stürmer und da der Trainer sich meinen Namen nicht merken konnte, heiße ich dort seit letzter Woche Jürgen Klinsmann. Was für eine Ehre.

Achja, noch etwas: Glücklicherweise hat es am Wochenende auch meine Kamera fast ohne Unterbrechung getan und so gibt es jetzt auch jede Menge neuer Fotos zu bestaunen, viel Spaß!

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Hallo Milo,

Mein Name ist Monika. Ich bin zuständig für die Kommunikation bei www.cafebabel.com. Cafebabel.com ist ein europäisches Medium in sieben Sprachen, das auf dem Prinzip des partizipativen Journalismus beruht. Unser Medium hat vor kurzem eine multilinguale Blogger-Plattform und ein multilinguales Forum gestartet.

Ich durchsuche gerade das Web nach deutschsprachigen Blogs, die den Erasmus Studienaustausch thematisieren und bin auf deinen Blog gestoßen, den ich sehr interessant finde. Ich möchte dir einen Linkaustausch mit unserer Webseite anbieten und könnte dir dazu auch ein Logo von unserer Seite anbieten. Wir würden im Gegenzug deinen Blog auf cafebabel.com in der Rubrik "Links" eintragen.

Ich würde mich freuen, bald von dir zu hören. Meine email-Adresse ist info@cafebabel.com

Monika